In Zeiten globaler Unsicherheiten und struktureller Veränderungen innerhalb der Holzindustrie zeigt sich immer deutlicher: Auch traditionsreiche Wertschöpfungsketten geraten unter Druck. Ein aktuelles Beispiel dafür ist der Schleifholzmarkt in Bayern. Während der Preis für Schleifholz im 2. Quartal 2025 stabil bleibt, wurde die Einkaufsmenge im Vergleich zu den ersten drei Monaten des Jahres halbiert. Eine Entwicklung, die Fragen aufwirft – nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch.
Die Vereinbarung zwischen Vertretern bayerischer Papierfabriken und forstwirtschaftlichen Zusammenschlüssen aus dem Privatwald sieht eine Preisfortschreibung vor. Das bedeutet konkret: Für Fichte ISN bleiben die skontierbaren 29,50 €/rm ab Waldstraße sowie 28 €/rm als Auszahlungspreis an die Waldbesitzer bestehen. Doch diese Preise gelten nur noch für eine stark reduzierte Einkaufsmenge von lediglich 4.000 rm. Damit ist das Einkaufsvolumen im Vergleich zum 1. Quartal 2025 halbiert worden.
Eine Marktveränderung mit Tragweite
Auf den ersten Blick scheint der stabile Preis ein Zeichen von Kontinuität – doch die deutlich geringeren Mengen sprechen eine andere Sprache. Denn weniger Absatz bedeutet für viele private Waldbesitzende auch geringere Einnahmen und führt zu Unsicherheit bei der Planung von Pflege- und Erntemaßnahmen. Gleichzeitig geraten forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse unter Druck, da ihre zentrale Rolle als Vermarktungspartner geschwächt wird.
Nicht zu unterschätzen ist dabei auch die geografische Verlagerung des Einkaufs. Seit der Schließung der Papierfabrik in Plattling erfolgt der Schleifholzeinkauf über Zusammenschlüsse nur noch in den Regierungsbezirken Oberbayern und Schwaben. Andere Regionen bleiben außen vor – mit entsprechenden Folgen für dortige Betriebe und Waldstrukturen.
Holz als regionaler Rohstoff – zwischen Wertschätzung und Herausforderung
Bei Sägewerk Lettl setzen wir seit jeher auf Holz aus der Region – insbesondere auf Fichte, Tanne und Kiefer aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Die aktuellen Entwicklungen zeigen jedoch, wie eng die Zukunft dieser wertvollen Ressource mit wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbunden ist. Eine Reduktion der Abnahmemengen bedeutet nicht nur wirtschaftliche Einbußen, sondern auch eine erschwerte Waldbewirtschaftung. Denn die Pflege des Waldes – also das Durchforsten, Entnehmen von schwachem Holz oder das gezielte Fördern stabiler Bestände – hängt maßgeblich davon ab, ob ein wirtschaftlicher Absatz gegeben ist.
Schleifholz, das traditionell in der Papierherstellung verwendet wird, ist dabei ein elementarer Bestandteil der Durchforstung. Wird dieses nicht mehr nachgefragt, bleiben nicht nur Bestände überaltert – auch das Risiko für Schädlinge und Sturmschäden steigt.
Nachhaltigkeit braucht verlässliche Strukturen
Nachhaltige Forstwirtschaft basiert auf Planungssicherheit. Wer heute einen Baum pflanzt, denkt in Jahrzehnten. Umso wichtiger sind stabile Absatzmärkte, verlässliche Partner und faire Preise. Die aktuelle Marktlage zeigt jedoch, wie fragil diese Strukturen inzwischen geworden sind. Papierfabriken kämpfen mit sinkender Nachfrage, Digitalisierung und internationalen Preisverschiebungen. Gleichzeitig steigen Betriebskosten und politische Anforderungen.
Für regionale Akteure wie Waldbesitzer, forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse und kleinere Sägewerke bedeutet das, sich neu zu orientieren – ohne dabei ihre Werte zu verlieren. Das bedeutet: Den Wald nicht als kurzfristige Rohstoffquelle zu betrachten, sondern als Generationenprojekt, das Pflege, Schutz und nachhaltige Nutzung in Einklang bringt.
Was jetzt zählt: Kooperation und regionale Verantwortung
Die Stärke der bayerischen Forst- und Holzbranche liegt in ihrer Vernetzung. Ob Waldbesitzer, Förster, Verarbeiter oder Endnutzer – alle Glieder der Kette sind miteinander verbunden. Jetzt ist die Zeit, diese Verbindung neu zu denken: mit einem Fokus auf regionale Kreisläufe, auf die Wertigkeit heimischen Holzes und auf transparente Kommunikation.
Sägewerk Lettl steht seit Jahrzehnten für eine enge Zusammenarbeit mit Waldbesitzenden und Forstbetrieben vor Ort. Gerade in Zeiten, in denen Preise stagnieren und Mengen schrumpfen, setzen wir auf Gespräche, Lösungen und gemeinsame Strategien. Nur so bleibt der Wald auch in Zukunft wirtschaftlich und ökologisch tragfähig.
Blick nach vorn – mit Augenmaß und Verantwortung
Die Entscheidung zur Preisfortschreibung bei gleichzeitiger Mengenreduktion ist ein Symptom der aktuellen Herausforderungen in der Branche. Doch sie bietet auch einen Anstoß zum Umdenken. Wie schaffen wir es, Holz als natürlichen Rohstoff wieder stärker in Wert zu setzen? Wie fördern wir eine Forstwirtschaft, die ökologisch und ökonomisch Bestand hat? Und wie können wir dabei gleichzeitig unserer Verantwortung gegenüber der Natur gerecht werden?
Die Antworten auf diese Fragen liegen nicht allein bei Politik oder Großindustrie. Sie liegen in der Region – bei all jenen, die mit Holz arbeiten, im Wald stehen oder ihn schützen. Und genau dort liegt auch die Zukunft der nachhaltigen Holznutzung: im Miteinander von Mensch, Natur und Handwerk. 🌲💚